Viele Änderungen bzw. Neuerungen am Arbeitsplatz.
Wir sind schneller als gedacht in den digitalen Wandel eingetaucht. Können wir uns die morgendliche Dusche sparen und statt auf dem Weg in die Arbeit mit der Jogginghose vorm PC sitzen? Diese Utopien sind für viele von uns Realität geworden, denn Home-Office ist seit Corona die neue Form des Arbeitens. Doch so zeit- und kosteneffizient, wie sich Home-Office in der Theorie anhört, müssen wir doch auf der menschlichen Ebene einige Nachteile in Kauf nehmen. Schwächt die Arbeit zuhause tatsächlich zwischenmenschliche Beziehungen und die Bildung von Gemeinschaft? Und wenn ja, was können wir dagegen tun?
„Virtuelle“ Gemeinschaftsbildung?
Durch die Entwicklung von Erwartungen, Normen und Werten entstehen Unternehmenskulturen, die von allen Mitarbeitern adaptiert werden. Dies äußert sich zum Beispiel beim Kaffee trinken oder dem Plausch auf dem Flur. Außerdem lernt man so, an welche Regeln bzw. Vorgaben man sich halten sollte, wenn es um Pausen oder „private Ablenkungen“, z.B. den Anruf eines Freundes bezüglich des gemeinsamen Abendessens, geht. Man passt sich natürlicherweise, auch durch Gewohnheiten, an die Kollegen und Kolleginnen an. Doch wie verhält sich diese Unternehmenskultur im Home-Office? Da bei virtueller Zusammenarbeit all diese Kriterien wegfallen, an denen man sich für eine erfolgreiche Eingliederung in den Arbeitsalltag orientieren könnte, wird die Pflege sozialer Kontakte umso wichtiger. Das wohl wichtigste Kriterium für eine erfolgreiche Teamarbeit ist gegenseitiges Vertrauen. Doch wie kann man Vertrauen zu Mitarbeitern oder Kollegen aufbauen, die man nur über den Bildschirm sieht?
Kommunikation
Im Rahmen der Zusammenarbeit in der virtuellen Welt ist es wichtig, jedem eine Stimme zu geben. Solltest du ein virtuelles Team führen, ist es wichtig, darauf zu achten, jeden zu erreichen. Das kannst du bewerkstelligen, indem du nicht nur ein überzeugende/r Redner/in bist, sondern deinen Mitarbeitern auch die Möglichkeit gibst, selbst die Stimme zu erheben und einen eigenen Beitrag zu leisten. Durch Kommunikation kommt man einander näher und bricht das Eis. So können zukünftige Missverständnisse oder Unklarheiten deutlich vermieden werden. Solltest du Mitglied eines virtuellen Teams sein, dann versuche dich so oft wie möglich aktiv einzubringen. Trau dich, trotz der höheren Hemmschwelle zu kommunizieren, zu interagieren und Fragen zu stellen, um eine reibungslose Zusammenarbeit und ein gutes Miteinander zu gewährleisten. Achte auf andere Personen, die Schwierigkeiten damit haben, sich Gehör zu verschaffen und hilf ihnen. Das kommt am Ende sicher auch dir zugute, da deine Hilfsbereitschaft und dein Teamgeist geschätzt werden.
Transparenz
Die Basis für eine gute Kommunikation ist Transparenz. Stelle daher sicher, dass alle Kollegen und Kolleginnen den gleichen Zugang zu den relevanten Informationen haben. Dafür eignen sich Plattformen bzw. Programme, die im besten Fall kostenlos, vor allem aber für jeden zugänglich sein sollten. Wenn du deine Kollegen und Kolleginnen regelmäßig mit Informationen versorgst und an deiner Arbeit teilhaben lässt, wächst das Vertrauen im virtuellen Team. Zudem machst du es den anderen leichter, dich zu verstehen und deinem/r Chef/in kannst du somit zeigen, wie engagiert du bist und dass er/sie sich zu 100 % auf dich verlassen kann. Ein weiteres sehr hilfreiches Tool sind virtuelle Besprechungs- bzw. Gruppenräume. Mitarbeiter können sich dort treffen, wenn sie lieber mit anderen zusammenarbeiten als allein an etwas zu arbeiten. Allerdings können in einem solchen Raum auch Veranstaltungen wie Remote-Coffee-Meetings oder After-Work-Treffen stattfinden. Orte wie diese dienen dazu, den Zusammenhalt im Team trotz physischer Entfernung zu ermöglichen und sich nicht allein zu fühlen.
Gemeinsames Ziel
Der Teamgeist stärkt sich insbesondere dadurch, ein gemeinsames Ziel zu haben und miteinander etwas zu erreichen. Wissen die Mitglieder einer Arbeitsgruppe, wofür sie arbeiten, stärkt das sowohl das Vertrauen zueinander als auch die Gemeinschaft. In dem Wissen, dass man auf ein gemeinsames Ziel hinarbeitet, fällt es Führungskräften leichter von einem 9-to-5-Job loszulassen und mehr Verantwortung und Flexibilität zuzulassen. Das wiederum führt zu einer signifikanten Steigerung des Selbstvertrauens und der Motivation der Mitarbeiter. Zudem steigert der Gedanke an ein Ergebnis oder einen Erfolg die Effizienz eines Teams. Sollte also jemand die Hoffnung im Zoom- und MS Teams-Chaos verlieren, erinnere ihn daran, dass er wichtig für das Team ist und gebraucht wird, um das gemeinsam vereinbarte Ziel zu erreichen.
Es ist fast unausweichlich, dass Privat- und Berufsleben miteinander vermischt werden. Das kann sowohl Chancen als auch Herausforderungen mit sich bringen. Durch das Arbeiten von zuhause hat man die Möglichkeit, seine Zeit nach seinem Alltag zu richten. Während eines Online-Meetings zum Einkaufen gehen? Vormittags einen Arzttermin wahrnehmen? Kein Problem mehr, dann arbeitet man eine halbe Stunde länger. Wenn man bedenkt, dass 80% der deutschen Arbeitnehmer täglich bis zu 1 Stunde in die Arbeit pendeln, spart man sich zudem wertvolle Zeit und Kosten, die man wiederum zuhause effizient nutzen kann. Vor allem Kinderbetreuung und Arbeit lassen sich im Home-Office leichter miteinander vereinbaren (auf Dauer natürlich nicht immer). Allerdings ist es im Home-Office schwieriger, die Grenze zwischen Job und Privatleben zu trennen. Um den Überblick zu behalten und dich auch mal von der Arbeit bzw. dem Alltag abzugrenzen, sind folgende Punkte sinnvoll:
- Geeigneter Arbeitsplatz: Werde dir bewusst, dass du im Home-Office nur Erfolge erzielen kannst, wenn du dir einen Arbeitsplatz zurechtlegst, an dem genug Platz hast und ungestört arbeiten kannst. Denke an die Lernphasen im Studium zurück und erinnere dich, was in deinem Arbeitsbereich besonders wichtig war, um nicht abgelenkt zu werden. Das kannst du nun für das Home-Office wieder anwenden. Ein separater und ruhiger Raum, den du nur zum Arbeiten betrittst, ist optimal. Dann hast du den Rest der Wohnung nur für dich und dein Privatleben.
- Pausen und ein geregelter Feierabend: Natürlich solltest du auch im Home-Office nach geregelten Pausen- und Arbeitszeiten arbeiten. Achte darauf, dass du dich nach Feierabend wirklich komplett von den Aufgaben des Tages zurückziehst und dich auf die Dinge konzentrierst, die dir Spaß machen. Hast du keine klare Grenze zwischen Arbeit und Freizeit, wirst du dich schnell gestresst fühlen und das Gefühl haben, keine Zeit mehr zu haben. Gerade weil man im Home-Office wenig soziale Kontakte hat, ist „Socializing“ in der Freizeit besonders wichtig.
- Rituale und Routinen: Um dich auch im Home-Office wohlzufühlen, solltest du es dir zuhause so angenehm wie möglich gestalten. Für viele ist eine Morgenroutine von großer Bedeutung, da sie dadurch perfekt in den Tag starten können. Überlege dir, was dich am Morgen glücklich macht und versuche, das zur Gewohnheit werden zu lassen. Dadurch kommt dir auch der Tag im Home-Office bald wie ein normaler Arbeitstag vor.
Für viele Unternehmen war das Home-Office zunächst eine Notlösung während der Corona-Krise. Dadurch wurde allerdings die Debatte über mehr Flexibilität und Freiheit im Job neu aufgerollt. Heute ist die Arbeit von zu Hause kaum mehr aus der Gesellschaft wegzudenken. Von Arbeitnehmern wird das Arbeiten von zuhause unterstützt, da man einerseits flexibler sein kann, andererseits das Gefühl hat, mehr Verantwortung und Vertrauen vom Vorgesetzten entgegengebracht zu bekommen.
Bevor du jedoch Anspruch auf Home-Office erhebst, führe lieber ein Gespräch mit deinem/r Chef/in, unterbreite ihm/ihr die Gründe, warum du gerne teilweise von zuhause arbeiten würdest und zeig ihm, dass er/sie sich auf dich uneingeschränkt verlassen kann. Damit schaffst du schon mal die Grundlage für eine erfolgreiche Gemeinschaft und Zusammenarbeit im Home-Office: gegenseitiges Vertrauen.
Walter Feichtner, Inhaber von Karrierecoach München