Berufseinstieg nach dem Studium – Wichtige Tipps für deine erste Jobsuche

Obwohl der Fachkräftemangel derzeit in aller Munde ist, bekommt man als frisch gebackener Hochschulabsolvent meist nur wenig davon zu spüren. Häufige Absagen sind definitiv frustrierend und schmälern das Selbstvertrauen.  Doch mit der richtigen Einstellung und Herangehensweise wird deine aktive und zielgerichtete Jobsuche sicher bald zur ersten Vollzeitstelle führen und darüber hinaus einen wichtigen Prozess deiner persönlichen Weiterentwicklung darstellen. Darum möchten wir dir ein paar Tipps an die Hand geben, um diese wichtige Phase erfolgreich zu meistern.

Wann sollte ich mit der Jobsuche anfangen?

Prinzipiell gilt hier: je früher, desto besser. Die Suche nach dem Einstiegsjob ist häufig die schwierigste, da man selbst oft noch nicht weiß, was man wirklich machen möchte und eher wenig Praxiserfahrung vorweisen kann. Gleich einer Studienarbeit wird auch bei der Jobsuche die Recherche- und Orientierungsphase eine erhebliche Zeitspanne einnehmen. Fange daher am besten schon im letzten Semester mit der Suche an. So kannst du wichtiges Feedback aus deinen Vorstellungsgesprächen mitnehmen, ohne Zeitdruck deinen Marktwerk testen und deine Selbstdarstellung optimieren.

Ein frühes Bewerben lohnt sich vor allem dann, wenn du dich auf eine Trainee-Stelle bei einem bekannten Unternehmen bewerben möchtest, da sich diese Auswahlprozesse häufig besonders lange ziehen. Eine Bewerbungsfrist ein halbes Jahr vor Antritt der Stelle ist hier keine Seltenheit. Aber auch eine direkte Verfügbarkeit kann einen Vorteil darstellen. Viele Unternehmen haben ein Interesse daran, freie Stellen möglichst schnell zu besetzen. Während deine berufstätige Konkurrenz mit einer mehrmonatigen Kündigungsfrist konfrontiert ist, bist du nach dem Studium sofort einsetzbar. Den perfekten Bewerbungszeitpunkt gibt es daher nicht.

Wichtig ist, zu bedenken, dass der Prozess von der Einsendung der Bewerbung bis hin zur endgültigen Zu- oder Absage mehrere Wochen oder gar Monate dauern kann und nach dem ersten Kennenlerngespräch oft noch weitere Stufen, wie ein Schnuppertag vor Ort oder ein Assessment Center beinhaltet. Denke immer an deine ganz persönliche Situation. Vielleicht bist du gerade am Verfassen deiner Abschlussarbeit und kannst ganz flexibel Raum für Vorstellungsgespräche und Kennenlerntage schaffen, die Jobsuche kann jedoch auch eine nicht zu unterschätzende Doppelbelastung sein. Höre daher auf dein Bauchgefühl!

Welcher Job passt zu mir?

Die eigenen Stärken, Schwächen und Bedürfnisse zu kennen ist nicht nur für eine erfolgreiche Selbstvermarktung im Vorstellungsgespräch essenziell. Vor allem stellt eine gründliche Selbstanalyse die Basis für die erfolgreiche Jobsuche dar. Wichtige Tools hierfür können Fragebögen zur Selbst- und Fremdeinschätzung sowie Persönlichkeitstests und Berufsfindungstests sein. Beispielsweise bietet die Jobbörse Absolventa einen Berufsorientierungstest an, bei der dein Studienhintergrund und deine persönlichen Interessen berücksichtigt werden. Ein beliebter Persönlichkeitstest ist 16Personalities, der auf wissenschaftlichen Studien aufbaut. Dank der großen Bekanntheit dieses Persönlichkeitstests finden sich im Internet Austauschplattformen und Zusatzmaterial, speziell für die jeweiligen Persönlichkeitstypen, unter anderem zum Arbeitsstil und passenden Aufgaben. Übrigens setzen auch schon viele Unternehmen auf den Einsatz von digitalen Persönlichkeitstests in der Personalauswahl.

Natürlich können derartige Tests immer nur einen Teil der Persönlichkeit abbilden. Nimm die Ergebnisse daher als Hilfestellung, aber lasse dich nicht davon einschränken. Denk darüber nach, welche Aufgaben dir in vergangenen Praktika und Werkstudententätigkeiten Spaß bereitet haben und welche dir gefehlt haben. Was würdest du gerne einmal ausprobieren? Sei mutig, auch Stellen in Betracht zu ziehen, bei denen du dir nicht sicher sind, ob du schon alles kannst. Der Blick von außen, beispielsweise von Freunden, Kommilitonen und Familie kann dir dabei helfen, neue Stärken und Talente zu entdecken. Aber auch wenn du noch nicht genau weißt, wo du hinwillst, durch den Bewerbungsprozess erhältst du wichtige Einblicke in verschiedene Positionen und Unternehmen, auf die du bei der nächsten Bewerbung zurückgreifen kannst. Häufig sind wir im Bewerbungsprozess viel zu sehr darauf fokussierte, was wir in der Vergangenheit gemacht haben. Stelle dir stattdessen die Frage, was du im Beruf lernen möchtest. Auch zu lernen, was man nicht will, ist eine sehr bedeutsame Erkenntnis.

Wichtig, um zu wissen, was du suchst, sind nicht nur deine eigenen Interessen und Talente. Überlege dir auch, was das Unternehmen bieten muss, um zu dir zu passen. Wie würde dein Traumjob aussehen? Brauchst du eine sehr enge Anleitung und feste Strukturen oder willst du die Dinge lieber selbst in die Hand nehmen und kreativ werden? Möchtest du pünktlich um 17:00 Uhr Feierabend haben oder strebst du einen schnellen Aufstieg an? Lies hierfür nicht nur die Jobbeschreibung, sondern informiere dich auf Portalen wie Glassdoor und Kununu über Work-Life Balance, Führungsstil, Arbeitsweise und Unternehmenskultur.

Als Hochschulabgänger*in hast du natürlich noch keine genaue Vorstellung von branchentypischen Tendenzen und Anforderungen. Nutze daher deine persönlichen Netzwerke, um mehr über bestimmte Berufsbilder zu erfahren. Sei offen und lasse dich auf Neues ein. Frage z.B. Bekannte und Verwandte, was ihnen an ihrem Job gefällt. Suche in beruflichen Netzwerken wie Xing und LinkedIn oder über den AlumniClub deiner Hochschule nach Absolvent*innen deines Studienganges und inspiriere dich an deren Werdegang. Äußerst bereichernd kann in diesem Prozess eine persönliche Beratung sein. Einige Hochschulen bieten Events und Mentorenprogramme an, um dich mit berufserfahrenen Studienkollegen zu vernetzen. Auch ein professionelles Karrierecoaching wird dir dabei helfen, dir über deine Ziele oder und Optionen klar zu werden und bietet zudem eine wichtige emotionale Stütze, um den langwierigen Prozess hin zum ersten Job zu meistern.

Wie finde ich meinen Traumjob im „Anzeigendschungel“?

Du konntest dir nun ein Bild davon machen, welche Art von Tätigkeiten, Positionen und Unternehmensbereichen zu dir passen könnten. Doch wie sollst du unter den unzähligen Anzeigen genau deine Traumstelle finden? Der Schlüssel liegt in den richtigen Stellenportalen, Filtern und Keywords.

Beispielsweise kannst du deine Suche in LinkedIn und in anderen großen Stellenportalen durch verschiedene Filter, wie z.B. „Berufseinstieg“ in der Kategorie „Berufserfahrung“, nach Branche oder Beschäftigungsart justieren und entsprechende Suchagenten anlegen. Damit kannst du die Suche bereits deutlich eingrenzen. Suche speziell nach „Junior“-Positionen, für die du noch keine langjährige Berufserfahrung benötigst. Besonders effizient gestaltet sich die Suche in Stellenbörsen speziell für Hochschulabsolventen, wie Absolventa oder im Zeit-Stellenmarkt. Zudem existieren branchenspezifische Stellenportale, beispielsweise für Geistes- und Kulturwissenschaftler, im Tourismusbereich oder für nachhaltige Jobs „mit Sinn“.

Stöbere zunächst ein wenig in diesen Stellenanzeigen und speichere oder markiere deine Favoriten. Diese Beispiel-Stellenanzeigen sind eine großartige Vorlage, um die richtigen Keywords für deine Suche zu finden. Das können z.B. konkrete Stellenbezeichnungen wie „Junior Recruiter“ oder „Junior People und Organization Manager“, aber auch konkrete Kenntnisse und Kompetenzen sein. Lege Übersichten mit den besten und weiteren potenziellen Schlagbegriffen an und erweitere diese im Laufe des Bewerbungsprozesses, um jederzeit darauf zurückgreifen und deine Suche immer weiter verfeinern zu können. Denke auch daran, diese Schlagbegriffe in deinen LinkedIn- und Xing-Profilen zu hinterlegen. Diese sind deine digitale Visitenkarte und ermöglichen dir, von Headhuntern und Personalern gefunden zu werden.

Warte jedoch nicht darauf, entdeckt zu werden. Stelle dich proaktiv durch eine Initiativbewerbung bei deinem Traumunternehmen vor und nimm selbst Kontakt mit Personalvermittlungsagenturen und Headhuntern auf. Auch Zeitarbeit kann eine gute Chance für den Berufseinstieg darstellen.

Man geht davon aus, dass rund die Hälfte der Stellen auf dem verdeckten Stellenmarkt zu finden sind, daher ist es wichtig, den direkten Kontakt zu Unternehmen herzustellen. Greife auch hier wieder auf dein berufliches und persönliches Netzwerk zurück. Bereite dich gut auf Job- und Karrieremessen vor, um gezielt Fragen zu stellen und schaue dich auf der Jobwall um. Häufig ergeben sich im persönlichen Gespräch interessante Beschäftigungsmöglichkeiten, die nicht auf der Website ausgeschrieben sind. Im Zweifelsfall lautet die Devise daher: Einfach mal nachfragen!

Die Einstellung macht den Unterschied

Bei all den Optionen und Absagen ist es nicht immer einfach, den Überblick zu behalten und sich zum Weitermachen zu motivieren. Doch ein langwieriger Prozess muss nicht immer ein Nachteil sein. Möglicherweise hast auch du nach dem Abitur freiwillig ein Gap Year absolviert? Selbstfindung und Persönlichkeitsentwicklung muss nicht immer im Ausland geschehen. Über sich selbst hinauswachsen kann nur, wer sich Herausforderungen stellt und lernt mit Rückschlägen umzugehen. Sei daher nicht enttäuscht, wenn sich anfangs nichts ergibt.

Im Laufe des Bewerbungsprozesses wirst du sehr viel über den Arbeitsmarkt, verschiedene Branchen sowie deine eigenen Stärken und Prioritäten erfahren. Es ist gut möglich, dass du im Rückblick sogar froh bist, keine Zusage in deinen ersten Vorstellungsgesprächen erhalten zu haben, da diese Stellen nicht wirklich zu deinen Interessen gepasst hätten. Personaler verfügen im Allgemeinen über eine sehr gute Menschenkenntnis und spüren intuitiv, wenn du nicht wirklich überzeugt von der Stelle bist. Mit der Zeit wirst du lernen, die richtigen Fragen zu stellen, mehr Selbstbewusstsein gewinnen und besser erkennen, welches Unternehmen genau zu dir passt.

Mit jeder Absage kommst du deiner Traumstelle daher ein bisschen näher! Mit Mut und Ausdauer wirst du deine Ziele sicher bald erreichen. Viel Erfolg dabei!

Reika Ammer und Walter Feichtner
Karrierecoach München